Fühlen Sie sich manchmal gestresst und wissen vielleicht gar nicht genau warum? Wie wäre es, Stress am Arbeitsplatz vorzubeugen? Dort sind wir viele Stunden. Ich möchte Ihre Perspektive auf Stress erweitern und zeigen, was zu einem Gefühl von Stress führt und wie Sie das Leben entspannter genießen können.
Starten wir mit der gefährlichen Seite des Stresses:
Stress am Arbeitsplatz vorbeugen heißt diese vier Stressoren zu vermeiden
1. Stress ist ein Denkfehler
war der Titel einer großen Umfrage mit focus online, bei der ich herausfinden wollte, was uns in der neuen Arbeitswelt meisten belastet .
Zu meiner großen Überraschung stressen Männer und Frauen ähnliche Themen. An der Umfrage nahmen 1083 Frauen und 754 Männer teil, sodass sie durchaus aussagekräftig ist.
Wir machen es uns auch bei der Arbeit selbst schwer: Es sind nicht die ständigen E-Mails oder Anrufe, die nerven, auch nicht das Gefühl, keine Wahl zu haben. Sondern, dass wir uns zu viele Gedanken machen. Bei Männern wie Frauen bekam dieser Spitzenreiter 16 Prozent Zustimmung. Die hohen eigenen Ansprüche und der eigene Wunsch, wachsenden Anforderungen gerecht zu werden, führen dazu, dass wir uns viel zu viel aufhalsen, was wir dann aufgrund der immer weniger beherrschbaren Menge parallel erledigen.
2. Stress ist ein Ungleichgewicht
In der früheren Stresstheorie wurden positiver (Eustress) und negativer (Dysstress) unterschieden. Moderne Stressforscher, wie Tobias Esch, gehen inzwischen davon weg, weil die körperlichen, oft unbewusst und automatisch ablaufenden Reaktionen ähnlich sind. Es werden eher Dauer, Dosis und Angemessenheit der Stressreaktion betrachtet. Da zwischen dem Stressor oder Reiz aus der Umwelt oder auch von innen (z. B. Gedanken) und der Reaktion immer ein Individuum mit seinen Erfahrungen, Gewohnheiten, Ressourcen usw. steht, wird klar, dass es ein allgemeingültiges „gut“ oder „schlecht“ nicht geben kann. Vielmehr kommt es darauf an, wie, wie lange, wie oft und wie gut wir Belastungen von innen oder außen ausgleichen.
3. Stress ist eine Frage der Bewertung
Der gemeinsame Konsens aller Erklärungsversuche zu negativem Stress besteht in dem Ungleichgewicht von erlebten Anforderungen und Bewältigungsmöglichkeiten. Letztere bestehen aus objektiven Faktoren, wie z. B. die zur Verfügung stehende Zeit oder Arbeitsmittel, und subjektiven, wie Zeiteinteilung, Arbeitsorganisation oder Belastbarkeit. Ausschlaggebend ist vor allem die Bewertung einer Situation z. B. als Überforderung, Einschränkung oder nicht handhabbar. Einen Vortrag vor ausgewählten Kunden zu halten, eine lange Strecke Auto zu fahren oder ein Jahresgespräch mit dem Chef sind Situationen im Alltag, die von der einen Person als spannend und angenehm, von einer anderen als belastend, ja sogar bedrohlich erlebt werden.
4. Stress am Arbeitsplatz vorbeugen ist Suchtprävention
Jahr für Jahr ist der liebste Vorsatz der Deutschen zum Jahresende, weniger Stress im neuen Jahr zu haben. Immerhin halten sich statistisch gesehen etwa die Hälfte an ihre guten Vorsätze, doch offenbar ohne Erfolg. Sonst stünden dieselben Vorsätze nicht im Folgejahr wieder auf der Tagesordnung.
Das Stresshormon Cortisol wird vom Körper produziert, um die notwendigen Veränderungen zu steuern. Wir atmen schneller, die Muskeln werden angespannt, Körper und Geist werden in Bruchteilen von Sekunden darauf vorbereitet, zu reagieren. Das ist die gute Seite, sonst wären wir nicht handlungsfähig und würden im Übrigen auch morgens das Bett kaum verlassen. Die andere Seite der Medaille ist, dass Cortisol im Körper wie eine Droge wirkt und abhängig macht.
Das Gehirn bevorzugt Bekanntes, selbst wenn es nachteilig für uns ist. Der Teufelskreis ist schwer zu durchbrechen und irgendwann wird Stress als Normalzustand erlebt, den man immer wieder sucht. Das geschieht ganz unbewusst und automatisch. Wir schaffen Erlebnisse und Umstände, die uns stressen, weil das vertraut ist. Auf der Gehirnebene wird immer wieder auf die Botenstoffe und Hormone hingearbeitet, die vertraut sind. Leider gewöhnt sich das Gehirn an alles und der Wohlfühlbotenstoff Dopamin nutzt sich ab. Wir brauchen dann andere Reize oder eine größere Menge, um die gleiche Wirkung zu erzielen. Für den Stress heißt das eben leider auch, dass wir mehr Anstrengung, mehr Stress suchen. Die biochemische Reaktion auf Stress wird zur Gewohnheit.
Kurz gesagt: „Überforderung am Arbeitsplatz durch Stress entsteht insbesondere dann, wenn wir den Belastungen nicht genug entgegenzusetzen haben und wenn ein Ungleichgewicht aus Anforderung und körperlichen und geistigen Ressourcen entsteht.“
Die positive Seite von Stress
Ohne Stress könnten wir vieles in unserem Leben gar nicht leisten. Zunächst einmal ist Stress eine Orientierungs- und Aktivierungsreaktion auf eine sich ändernde Situation, mit der wir in die Lage versetzt werden, überhaupt zu reagieren. Wenn Ihnen jemand die Vorfahrt nimmt oder Sie eine schnelle Entscheidung treffen wollen, dann ist es sehr hilfreich, von den Stresshormonen des Körpers aktiviert worden zu sein. Lassen Sie uns deshalb einmal zusammentragen, welche Vorteile der so oft beklagte Stress für Sie hat:
Stress macht stark:
Sie wollen einen Bus erreichen, die Möbel allein umstellen oder eine lange Wanderung durchhalten. Dann brauchen Sie alle Kraft in Ihren Muskeln, vor allem Armen und Beinen, und dafür brauchen Sie Stress.
Stress macht „high“: Den so genannten „flow“, in dem wir in Bestform sind, erreichen wir, wenn wir uns angemessen anstrengen. Sie haben das vielleicht schon einmal beim Joggen, Drachensteigen oder Hausputz erlebt.
Stress motiviert:
Der Vergleich mit anderen kann Stress auslösen oder anspornen. Vielleicht hätten Sie nie eine Diät gehalten, die Ihnen am Ende gut tat, oder um eine Gehaltserhöhung verhandelt, wenn Sie keinen Anstoß bekommen hätten.
Stress macht zufrieden:
Etwas vollbracht zu haben, was anspruchsvoll oder gar außerhalb unserer Vorstellung war, macht ein richtig gutes Gefühl. Wir können das meist deshalb besonders genießen, weil wir selbst etwas dafür getan haben Stressbewältigung am Arbeitsplatz heißt daher nicht weniger, sondern anders. Ein anderer Blick führt zu einer anderen Reaktion und Belastung. Ein anderes Bewusstsein spornt zum Ausgleich von Anstrengung an. Am Ende geht es um Angemessenheit. Wenn Sie plötzlich nur noch alles als positive Herausforderung sehen, stimmt das genauso wenig wie alles als Belastung zu erleben.
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